top of page
Suche

Einzigartige Quelle zum Bauernkrieg: Die Weissenauer Bilderchronik

Autorenbild: hdshds

Blick von unserem Garten

Der Bauernkrieg spielte sich in Teilen vor unserer Haustür ab: Das Gelände des ehemaligen Prämonstratenserstifts mit seiner Weissenauer Abteikirche (jüngst zum Münster erhoben)



Ausstellungen, Vorträge, Theaterstücke, Festivals. Veranstaltungen am laufenden Band zum Mega-Jubiläum des Jahres: 500 Jahre Bauernkrieg. Es wird erinnert, was das Zeug hält. Hier in Oberschwaben besonders, denn der Bauernkrieg nahm hier seinen Anfang. Sogenannte Bauernhaufen rotten sich zusammen, um Grundrechte einzuklagen. Drei Missernten hintereinander (1522-1524) trafen besonders die bäuerliche Gesellchaft, da sie kein Eigentum besaßen und den Klöstern enorme Abgaben zukommen lassen mussten. Un für ihre Familien reichte es hinten und vorne nicht.

Die Zwölf Artikel waren ihr zentrales Manifest, verfasst zwischen dem 28.Februar und dem 3.März 1525 in Memmingen. Letztlich motiviert durch die reformatorische Bewegung und Martin Luthers Freiheitsschrift aus dem Jahr 1520 forderten die oberschwäbischen Bauern nichts weniger als die Aufhebung der Leibeigenschaft, weil sie unchristlich sei, ebenso die freie Pfarrerwahl. Die Pfarrer sollen das Evangelium „klar und lauter“ predigen. Die Folge des Aufstandes war, dass die Forderungen der Bauern bei ihrer Obrigkeit nicht nur auf Granit stießen, sondern ihr Kampf um Freiheit in blutigen Kämpfen niedergeschlagen wurde. Georg Truchsess von Waldburg („Bauernjörg“) stellte ein Heer zusammen, welches den Keim der Freiheit alsbald vernichtete.


Zu den Ereignissen in Oberschwaben sind eine Menge an Büchern erschienen. Ich persönlich könnte den Geschichtsstoff abhaken, wenn da nicht zwei Kontexte wären, die meine Aufmerksamkeit fokussieren: den theologischen und den lokalen Bezug. Über den theologischen Bezug habe ich in meinem letzten Blog berichtet. Es handelt sich um die anschauliche Darstellung des alttestamentlichen Theologen Rainer Albertz zum Thema Freiheit – Exodus – Bauernkrieg.


Nun aber der lokale Bezug: Wir wohnen in unmittelbarer Nähe, man kann sogar sagen auf dem Gelände des ehemaligen Prämonstratenserstifts Weissenau. Die Ereignisse spielen sich im Jahre 1525 auch auf unserer großen Wiese ab.





Die wertvollsten Dokumente, die vom Bauernkrieg berichten, sind die elf kolorierten Federzeichnungen des damaligen Klosterabtes Jacob Murer. Die Bilderchronik zeigt, wie die Bauern gewaltsam ins Kloster Weissenau eindringen, die Bäckerei und Weinkeller plündern und die Fischteiche leeren. Da Abt Murer zum Zeitpunkt des „Überfalls“ nicht anwesend war, mag hier ein nicht geringes Maß an Phantasie mitspielen. Abt und die meisten Mönche waren längst nach Ravensburg in die Schutzmauern der Freien Reichstadt geflüchtet.

Der Klosterplünderung wird jedes Jahr mit einem eigenen Wagen beim Weissenauer Heimat- und Kinderfest gedacht. Das Freiheitsinteresse der unterdrückten Bauern wird in keiner Weise gewürdigt. Auch so kann sich Geschichtsschreibung fortsetzen.


Nach blutiger Unterwerfungsschlacht gibt es eine Einigung mit den Bauern des Seehaufens, die im Weingartner Vertrag fixiert wird. Nachdem sich die Lage beruhigt hat, kehrt Abt Murer nach Weissenau zurück und fordert einen Gehorsamseid seiner Bauern, dokumentiert vom Abt höchstselbst in einer Federzeichnung mit entsprechender Huldigungsgeste der Bauern.

Das Ende vom Leid: Die Bauern verlieren weder die Leibeigenschaft, noch dürfen sie ihre Pfarrer selber wählen. Die Freiheit ist unterdrückt.  Nichts von den Zwölf Memminger Artikeln wurde eingelöst. Die Reformation verpuffte im ländlichen Oberschwaben für lange Zeit. Eine Ausnahme bilden die Freien Reichsstädte, die in wechselvoller Geschichte und verschiedenerweise an der Parität der Konfessionen festhielten.


Info: Am Samstag 12.April 2025 wird um 15 Uhr auf dem Areal des ehemaligen Klsoters Weissenau ein sogenannter Stelenpark eröffnet, der die Weissenauer Bilderchronik thematisiert.

 
 
 

Comments


bottom of page